Der letzte Ausläufer des Linienwalls: Donauprallhang und Stadtwildnis
Eine Flanerie geführt von Anton Tantner
Das Gelände im Eck von Baumgasse und Schlachthausgasse bildete einst den äußersten Rand der Stadt: Im 18. Jahrhundert umfloss hier eine Schlinge der Donau das „Erdberger Mais“, auf dem die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Vorstadt ihre Küchengärten bewirtschafteten, in der Nähe hatte sich der „Schinder“ angesiedelt und betrieb sein verrufenes Gewerbe der Tierkörperverwertung. Tod und Verwesung bestimmten das angrenzende Gebiet der Schlachthofgründe, wo gewaltige Herden von aus Ungarn kommenden Rindern und Ochsen den Boden zum Erbeben brachten.
In die Steilstufe des Hangs wiederum wurden im 19. Jahrhundert die Eiskeller der Mautner Brauerei gegraben, die nach der Stilllegung der Brauerei sehr unterschiedliche Nutzungsformen erfuhren: Kriegswichtige Produktion im 2. Weltkrieg, Schießkeller (bis heute!), Drehort für Filme, Unterschlupf für Obdachlose, gefährliche Spielstätte für Kinder, Veranstaltungsort illegaler Goa-Parties Anfang der 2000er...
Vor allem aber befanden sich hier, am einstigen Donauufer die östlichen Ausläufer des 1703 errichteten Linienwalls, einer verhassten Grenzanlage, die die Stadtentwicklung Wiens entscheidend beeinflussen sollte. Errichtet ursprünglich aus militärischen Gründen, zur Abwehr feindlicher ungarischer Truppen – der so genannten „Kuruzzen“ – bildete der Linienwall bis zum Ende des 19. Jahrhunderts vor allem eine Steuergrenze, an deren Toren bei Betreten der Stadt Abgaben für Konsumgüter zu zahlen waren. Die Folge waren lange Schlangen, Unmut, und zuweilen auch Aufstände: Zu gröberen Auseinandersetzungen kam es an dieser Grenze 1830 und 1848, als es der aufgebrachten Volksmenge gelang, die Anlage zu stürmen. Heute noch befinden sich am Donauprallhang zwei Überreste des Linienwalls; die Flanerie führt zu diesen und behandelt die Geschichte dieser Grenzanlage sowie auch der illegalen Überschreitungen, denn keine Grenze ohne die Möglichkeit, diese auch ohne obrigkeitliche Aufsicht zu überschreiten, keine Grenze ohne Schmuggel.
21. Mai, 17:00
Treffpunkt: U3-Station Schlachthausgasse (stadtauswärts gelegener Ausgang)
Dauer: ca 1 ½ Stunden
Teilnahme kostenlos
Anmeldung bei Ulli Fuchs (fuchs@kinoki.at) erforderlich.